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Nachruf Dr. Sonnfried Streicher (1929–2022)

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[17.06.2022] Nach einem langen und erfüllten Leben verstarb am 10. Juni 2022 Sonnfried Streicher, von 1956 bis 1995 Direktor des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund, in seinem Wohnort Negast. Der angesehene Meeresbiologe und Museumsmann wurde 92 Jahre alt.

1929 im sächsischen Crimmitschau geboren, war es Sonnfried Streicher möglich, nach einer Lehre als Werkzeugmacher, in Zwickau das Abitur abzulegen. Von 1950 bis 1954 studierte er in Leipzig Biologie. Dort arbeitete Streicher als studentische Hilfskraft und dann ging alles Schlag auf Schlag. Ein Angebot des Leipziger Naturkundemuseums nahm er an und wurde mit nur 25 Jahren Kustos und stellvertretender Museumsdirektor. Nebenbei war er Biologie-Dozent an der Fachschule für Heimatmuseen in Köthen. 1956 kam der junge Biologe nach Stralsund. Nach dem Tode von Otto Dibbelt (1881–1956), Begründer und erster Direktor des Naturmuseums Stralsund, übernahm Streicher zum 1. Juli 1956 dessen Position. Diese Personalie erwies sich als Glücksfall in mehrfacher Hinsicht, denn das Museum sollte komplett umgestaltet werden. Im Zuge dieser Profilierung konnte Streicher seine eigenen Vorstellungen von einem naturkundlichen Museum umsetzen. Dies funktionierte aber nur „mit meiner Mannschaft“, wie Streicher betonte. 1965 wurden die ersten meeresbiologischen Ausstellungen in Stralsund eröffnet, ein Jahr später erhielt das Haus die offizielle Bezeichnung „Meereskundliches Museum Stralsund“, ab 1974 hieß es „Museum für Meereskunde und Fischerei der DDR“. Gemäß der Aufgabenstellung, den Lebensraum Meer und seine Erforschung und Nutzung durch den Menschen zu dokumentieren und darzustellen, wurde ab 1969 die Sammlung entsprechender Geräte, Schiffsmodelle etc. forciert und erste Ausstellungsbereiche zur Meeresforschung aufgebaut.

Streicher nahm an zahlreichen Forschungs- und Sammelreisen des Museums teil. So zum Beispiel an den beiden Expeditionen ins Rote Meer 1976 und 1979, durch die zahlreiche Objekte – vor allem Korallen – ins Stralsunder Museum gelangten. 1986 promovierte Sonnfried Streicher an der Humboldt-Universität Berlin auf dem Gebiet der Museologie naturwissenschaftlicher Museen in der DDR.

Streicher und seine Mannschaft arbeiteten ständig daran, das Museum weiterzuentwickeln. Diese Bemühungen führten schließlich dazu, dass das Meereskundemuseum in den 1980er-Jahren zum meistbesuchten Museum der Republik bzw. nach 1990 in Norddeutschland wurde. Auch die erfolgreiche Überführung des bis dato städtischen Museums in die „Stiftung Deutsches Meeresmuseum“ konnte Streicher zu seinen Verdiensten zählen. Streicher setzte sich als Naturschutzbeauftragter im Bezirk Rostock aktiv für den Natur- und Umweltschutz ein. Von 1955 bis 1990 war er mit kurzen Unterbrechungen Vorsitzender der Fachgruppe bzw. der Sektion naturwissenschaftlicher Museen und zudem Mitglied im Rat für Museumswesen der DDR. Er leitete die Fachgruppe zur Profilierung der naturwissenschaftlichen Museen.

Sonnfried Streicher leitete das Deutsche Meeresmuseum 40 Jahre lang. Sein Nachfolger wurde 1995 Dr. Harald Benke. Auch nach seiner Pensionierung blieb Sonnfried Streicher „seinem“ Meeresmuseum verbunden und auch bei den Planungen für das 2008 eröffnete Ozeaneum war sein Rat gefragt. Von 1993 bis 2017 fungierte Streicher als Redakteur und Herausgeber des auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Meereskunde (DGM) ins Leben gerufenen Historisch-Meereskundlichen Jahrbuchs, sodass unter seiner Redaktion 22 Bände dieser auch international anerkannten Publikationsreihe erschienen. Sonnfried Streicher war 1991 Mitbegründer des Vereins der Freunde und Förderer des Meeresmuseums, später der Förderverein Deutsches Meeresmuseum e. V. und wurde 1996 zum Ehrenmitglied des Fördervereins ernannt.

Das Direktorium und das Kollegium des Deutschen Meeresmuseums werden Sonnfried Streicher als Gründer und langjährigen Direktor ein ehrendes Andenken bewahren.

Autor: Dr. Peter Danker-Carstensen